Jaques Offenbach: Orpheus in der Unterwelt
Das Konzept dreht sich um Eurydikes Selbstbefreiung von der Dominanz der Männer. Ihr Glaube, dass ihr Wert allein durch Männer definiert wird und sie nur neben einem Mann Freiheit findet, wird auf die Probe gestellt. Der erste Schritt ihrer Befreiung liegt in der Trennung von Orpheus. Dies gelingt ihr schließlich durch ihren Tod – die Entführung durch Pluto –, der sie in die Unterwelt führt. Dort muss sie enttäuscht feststellen, dass seine Interessen nur Besitz sind, nicht sie selbst. Jupiter erscheint als Fluchtweg in den Olymp, aber auch er will sie nur besitzen. Der Machtkampf zwischen Jupiter und Pluto erreicht im “Höllischen Galopp” seinen Höhepunkt, offenbart Eurydike aber auch die Bedeutung dieser Auseinandersetzung für sie. Letztlich bestimmt Jupiter ihre Befreiung, indem sie zur Bacchantin wird und für Bacchus dient. In diesem Moment erkennt sie, dass sie keine – und bestimmt nicht diese – Männer braucht, um frei zu sein. Im Finale flieht sie schlau weg von allen, um alleine herauszufinden, wer sie sein will. Die offensichtliche Kritik der Machtstrukturen des Stückes – damals gegen die Regierung von Napoleon III. – spiegelt in Andeutungen die heutige spätkapitalistische Welt. Jupiter als CEO des Olymps symbolisiert globale Macht und Narrative-Kontrolle. Pluto repräsentiert die kriminelle Unterwelt, verbunden mit der eigentlichen Macht. Andere Götter sind Jupiters verwöhnte Kinder, die unter seiner Scheinheiligkeit leiden. Die Öffentliche Meinung dient Jupiters Interessen, manipulativ und erpresserisch. Das Bühnenbild spiegelt Eurydikes “Reise” wider, gleicht einem Labyrinth oder Gefängnis; es symbolisiert aber auch ihre Suche nach einem Ausweg. Das Schattenreich-Motiv kehrt im Bühnenbild mehrmals zurück und verstärkt die dramaturgisch wichtigen Momente der Vorstellung.